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Das Nießbrauchsrecht

Nießbrauch nur an Immobilien?

 

Das Eigentum an einer Sache verleiht dem Eigentümer im Wesentlichen drei Rechte: Nutzung, Fruchtziehung und Verfügung. Durch die Begründung des Nießbrauchs überträgt der Eigentümer einer Sache das Recht zur Nutzung und zur Fruchtziehung an einen Dritten und behält nur das Verfügungsrecht für sich. Auf diese Weise wird die rechtliche Herrschaft über eine Sache sozusagen aufgespalten: Der Rechtsinhaber des nießbrauchbeschwerten Eigentums behält das „bloße Eigentum“ an der Sache, während der Nießbrauchsberechtigte („wirtschaftlicher Eigentümer“) deren umfassende Nutzung einschließlich der Fruchtziehung erhält.

Dabei ist die Bestellung des Nießbrauchs nicht auf unbewegliche Sachen (Grundstücke, Immobilien) beschränkt, sondern kann auch bei beweglichen Sachen (Mobilien), Rechten und Wertpapieren erfolgen.


In der Praxis wird der Nießbrauch häufig bei der Vermögensübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eingesetzt. Der Übertragende verschafft dem Nachfolger zwar das Eigentum an den Gegenständen, behält sich aber zu seinen Lebzeiten den Nießbrauch vor.


Eltern können z. B. zu Lebzeiten eine Immobilie auf ihre Kinder übertragen, sich aber gleichzeitig ein lebenslanges Wohnrecht oder auch den Anspruch auf die Mieteinnahmen vorbehalten.
Oder ein Wertpapierdepot wird im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge an die nächste Generation übertragen. Zur Vermeidung von Schenkungsteuer wird ein Nießbrauchsrecht zugunsten des Schenkers vereinbart.


Hieraus ergeben sich interessante steuerliche Vorteile:


Es können nicht nur alle zehn Jahre Freibeträge genutzt werden (bei eigenen Kindern bis zu EUR 400.000), zusätzlich reduziert der eingetragene Nießbrauch den steuerlichen Wert der Schenkung zum Teil noch stärker als bei Immobilien.

Es können auf diese Weise mehr als eine Million Euro an einen direkten Nachkommen übertragen werden, ohne dass Steuern fällig werden (siehe Beispielrechnung). 

 

 

 

Hat ein Erblasser keine eigenen Kinder, werden die Erben bei Nichtbestehen eines Nießbrauchsrechts steuerlich stark belastet. So steht beispielsweise Nichten oder Neffen lediglich ein Erbschaftssteuer-Freibetrag von EUR 20.000 zu; der größte Teil des übertragenen Vermögens wird mit einer Steuer in Höhe von 30 Prozent belegt, d.h. es wird ein Betrag von ca. EUR 294.000 fällig.  Werden sie jedoch per Vermögensnießbrauch zu Lebzeiten bedacht, sparen sie rund EUR 200.000 Schenkungssteuer, da die steuerliche Bemessungsgrundlage aufgrund des eingetragenen Nießbrauchs erheblich reduziert ist.

Wird das Vermögen im Rahmen einer Versicherung übertragen, können zusätzliche Steuerspareffekte genutzt werden. Denn Erträge innerhalb einer solchen Versicherung unterliegen während ihrer Laufzeit nicht der Abgeltungssteuer. Wird ein Wertpapierdepot über eine Versicherungsstruktur „vernießbraucht“, kann ein Großteil der anfallenden Zinsen, Dividenden und Kursgewinne steuerfrei vereinnahmt werden, wenn die Auszahlung erst im Todesfall erfolgt. Überträgt damit ein 65-jähriger Vater auf seinen Sohn per Nießbrauch eine Versicherung über EUR 1.000.000 und wird 90 Jahre alt, spart der Erbe im Vergleich zu einem normalen Bankdepot bei einem angenommenen jährlichen Gewinn in Höhe von fünf Prozent ca. EUR 450.000.

 

Beispielrechnung:


Ein Vater überträgt an den Sohn EUR 1.000.000. Nach Abzug des Freibetrags unterliegen EUR 600.000 der Schenkungssteuer. Bei 15 Prozent Schenkungssteuer sind EUR 90.000 abzuführen. Wird die gleiche Schenkung mit einem Nießbrauch verknüpft, kann der Sohn etwa EUR 615.000 steuermindernd geltend machen. Der Wert der Schenkung liegt steuerlich dann mit EUR 385.000 innerhalb des Freibetrages – EUR 90.000 Schenkungssteuer sind gespart.

Mit freundlichen Grüßen

Barbara Wächter